Samstag, Februar 10, 2007

Meine Reise nach Shaolin

Am 24.01. habe ich mich auf meine zweite Reise innerhalb Chinas aufgemacht. Ziele: Qingdao mit seiner deutschen Vergangenheit, Zhengzhou als Ausgangspunkt für einen Besuch im Shaolintempel und Xi’an – berühmt für die Terrakotta Armee.
Das Abendteuer fing in Jinan schon an. Auf meinem Ticket stand Sifeng und nicht Qingdao, angeblich ist das aber so richtig. Als ich in Qingdao, Sifeng ankomme sehe ich bald was es damit auf sich hat. Derzeit ist der ganze Nordosten im Olympiafieber und Qingdao ist Austragungsort für die Segelwettbewerbe. Ist doch logisch das die dann einen neuen Bahnhof brauchen. Und in china werden nur ganze Sachen gemacht. Dort wo eigentlich der Hauptbahnhof von Qingdao ist gähnt derzeit noch ein riesiges Loch. Sifeng ist ein Vorortbahnhof und heillos überfordert mit den ganzen Reisenden.
Qingdao ist eine Mischung aus deutschen Kolonialüberresten, hässlichen chinesischen Hochhäusern wie man sie in China überall findet und den neuen Versuchen im alten angedeutschten Stil zu bauen. In zweieinhalb Tagen habe ich genug Zeit um mir so ziemlich alles anzusehen. Qingdao lädt ein zu Fuß erkundet zu werden. Auch wenn die Stadt auf lauter kleinen Hügeln gebaut ist kann man alles sehr schnell erreichen. Strand, kath. und ev. Kirche, Underwaterworld, Tsingtao-Brauerei, und die unzähligen Aussichtsmöglichkeiten auf jedem Hügel. Allerdings sollte man Qingdao im Sommer besuchen, wenn man kein Freund von kaltem Seewind ist. Der Winter ist wirklich nur für erfahrende Küstenbewohner zu empfehlen.

Dann im Schlafwagen weiter nach Zhengzhou. Wenn ich nicht gerade in den Shaolintempel gehen wollen würde, könnte ich sofort in den Zug weiter nach Xi’an steigen. Zhengzhou ist alles andere als eine attraktive Stadt. Laut, dreckig, hektisch und so gar nicht nach meinem Geschmack. Das Hotel welches ich ausgewählt habe wurde vom Reiseführer ‚LET’S GO’ empfohlen. Allerdings sollte man wirklich den Rat befolgen und nach einem Zimmer nach hinten raus fragen. So habe ich zwei sehr unruhige Nächte. Das kommt davon wenn man nicht hören will ;-)
In Zhengzhou kann ich auch zum ersten Mal meine Chinesischkenntnisse überprüfen. Weder im Hotel noch sonst irgendwo treffe ich englischsprechende Personen. So viel sei verraten, ich muss noch eine Menge lernen. Aber am nächsten tag geht es mit einer chinesischen Reisegruppe nach Shaolin. Dem Ort mit dem für mich irgendwie alles angefangen hat was China betrifft. Denn ohne Taiji und Kungfu währe ich nun nicht hier. Shaolin ist Disneyland für Karussellmuffel. Und man hört an diesem Satz schon meine Enttäuschung. Ich war ja auf so manches gefasst, aber nicht auf das. Alles ist schön und sauber, am Eingang gibt es einen großen Eingangsbereich mit mehr als einem dutzend Souvenirshops. Das ganze Areal von Shaolin ist weiträumig umzäunt und man kommt sozusagen in einen Shaolinpark der den Pagodenwald, den Tempel, das Trainingszentrum und ein paar kleinere andere Anlagen umfasst. Auf dem ganzen Gelände fahren Sammelwagen herum so das man auch nicht zu Fuß laufen muss (wenn man nicht möchte). Und bis auf ein paar ausländische Touristen die wahrscheinlich wie ich in China leben und nun frei haben tummeln sich nur Chinesen hier die es alles sehr lustig finden. Es werde faxen gemacht, Mönche zu unmöglichen Fotoaufnahmen gebeten und alles in allem hat es nichts mit dem zu tun was man eigentlich als Kampfkünstler hier sucht. Am Rande, Shaolin ist ein Kloster in dem wirklich Mönche leben und arbeiten, und nun stellt euch das mal in einem kath. Kloster in Deutschland vor. Vielleicht ist das anders wenn man mit einem Verein aus Deutschland anreist. Alleine kann ich das niemandem empfehlen. Sorry.

Dann geht es weiter nach Xi’an. Die alte Hauptstadt Chinas und Fundort der Terrakotta Armee. Ich komme am Abend um ca. 19:30 Uhr an. Vor dem Bahnhof tummeln sich so viele Menschen wie überall in China. Aber ich traue meinen Ohren nicht. Ich bin ja nun schon einiges gewöhnt aber das ist echt unheimlich. Ich höre nichts! Keine Autos die hupen, keine Menschen die herum rufen, nichts! Es ist absolut still. Ich fange an mit mir selber zu reden nur um zu sehen ob auch alles mit meinen Ohren in Ordnung ist. Xi’an ist das absolute Gegenteil von Zhengzhou. Leise, sauber und irgendwie aufgeräumt. Was ich leider auch feststellen muss, die Stadt ist weitläufiger als die Pläne die ich kenne vermuten lassen. Und so laufe ich und laufe und komme einfach nicht an der Jugendherberge an. Aber wie schon mein erster Eindruck werde ich auch beim Befragen eines Kioskbesitzers wieder angenehm überrascht. Er malt mir alles schön auf ein Papier auf und erklärt mir im superhöflichem Ton wo ich hin muss und wie weit es noch ungefähr ist. Nach insgesamt einer dreiviertel Stunde komme ich endlich an. ‚Haben sie reserviert?’ Nein, habe ich natürlich nicht. Ist doch noch gar nicht Hauptreisezeit. Weit gefehlt. In Xi’an ist immer Hauptreisezeit. Aber ich habe Glück und bekomme für einen Sonderpreis ein Doppelzimmer mit eigenem Bad. Und der Preis von 8 Euro pro Nacht ist echt gut, ein wenig kenne ich mich ja nun schon aus. Xi’an ist eine Stadt in der man es gut und gerne eine Zeitlang aushält. Es liegt so hoch das man sich nicht wundern muss wenn man am Anfang ein wenig müde ist. Aber die Luft ist gut und wie gesagt, es ist super ruhig, auch am Tage. Am zweiten Tag fahre ich mit einer Gruppe bestehend aus zwei Amerikanern, zwei Mexikanern, einer Engländerin und einer englischsprechende Reiseleiterin zur Terrakotta Armee. Es ist schon beeindruckend das mal mit eigenen Augen gesehen zu haben. Und dank der hervorragenden Reiseleitung habe ich so viele neue Dinge über die Anlage und ihre Geschichte gelernt, dass man echt nur staunen kann.
Insgesamt bleibe ich fünf Nächte in Xi’an. Die anderen Tage gehen für Besichtigungen der großen Wildgans Pagode, der Stadtmauer (die größte erhaltene in ganz China), der großen Moschee und vielen kleineren interessanten Ecken drauf. Für alle Outdoorfans noch der Hinweis, nirgends in China findet man eine so große Dichte an Outdoorequpiment Geschäften wie in Xi’an. Und ich meine wirklich viele. Ich habe alleine fünf in einem einzigen Stadtteil gefunden und war nicht mal in der Straße die für die Läden berühmt ist. Und die verkauften Marken und Artikel lassen keinen Wunsch offen, ich weis ja wovon ich spreche ;-)

Nach dieser Tour habe ich nur eine Befürchtung. Europa wird mir sehr sehr klein vorkommen. Versucht doch mal in Deutschland einen Schnellzug in Richtung Westen zu nehmen der 17 Stunden unterwegs ist. Dann fällt mal in den Atlantik, in China hat man nicht mal annähernd die Hälfte des Landes durchquert. Und das gilt hier so ziemlich für jede Richtung. Ausgenommen von Jinan aus in Richtung Osten, da liegt Südkorea und Japan :-)