Samstag, Mai 05, 2007

Sport und Beijing

Hallo liebe Leser,

wie ich nun mehrmals darauf hingewiesen wurde ist mein blog wohl in letzter Zeit nicht mehr besonders GefuehlVoll. Hm, ein Grund ist warscheinlich das ich hier doch sehr chinesisch lebe, was bedeutet das meine Gefuehle sich mehr nach innen verstecken, mehr noch als sonst. Aber ich moechte gerne versuchen mehr von meiner Gefuehlswelt hier rein zu schreiben. Obwohl das echt schwer ist. Die meisten Dinge die mich gefuehlsmaessig beruehren haben mit der europaeischen/deutschen Politik zu tun oder mit Dingen die ich hier einfach nicht verstehe. Zum Beispiel wie Frauen noch immer (durchaus auch gegen ihren Willen) mit absolut fremden Maennern verheiratet werden.
Naja, aber es gibt auch schoene Momente und Gott sei dank ueberwiegen diese dann auch.
Am letzten Aprilwochenende gab es in ganz China an den Hochschulen Sportfeste. Vergleichbar mit Bundesjugendspiele in Deutschland (gibt es die eigentlich noch?), nur das die Sportfeste hier wirklich richtige kleine Olympiaden sind. Und am Ende geht es darum welcher Fachbereich die meisten Punkte sammeln konnte. Ich habe mich dann auch dazu hinreissen lassen da mit zu machen. Nicht fuer die Punkte oder gar fuer einen Sieg fuer mich, mehr fuer meine Studenten damit sie sagen koennen unser Lehrer hat dort mitgemacht. Wir Auslaender durften dann auch alle schoen bei der Eroeffnungszeremonie mit einlaufen. Haben extra schoene neue Sportanzuege bekomme. dunkelblaue Hosen und weisse Jacken. Sehen wir nicht gut aus? Ratet mal wo ich bin ;-) Ok, ich gebe einen Tip, es gibt nur einen Deutschen an der Uni. Und gefunden?Die Chienesische Flagge war im uebrigen schon abgeschnitten, der Wind war schuld. Sorry.
Um 10:30 war ich dann mit meinem 800 Meterlauf dran. Um es vorweg zu nehmen, ich bin nicht erster geworden. Es sind alle mittelalten Lehrer zusammen gelaufen (chinesen und Auslaender jeglicher Abteilung) und es gab einen Chinesen der von der Startlinie einfach auf Tempo losgerast ist. Da haben natuerlich alle anderen versucht mitzuhalten wodurch wir ein wahnsinns Tempo drauf hatten. Ich weis leider nicht wie viele wir genau waren, ca. 15 Laeufer. Ich bin am Ende mit einer Zeit von 2:25 Minuten als vierter ins Ziel gekommen. Ein neuer Rekord fuer mich. Bin ja eigentlich mehr der Langstreckenlaeufer. Da es so viele Menschen in China gibt werden hier die ersten sechs Plaetze ausgezeichnet. Also Punkte fuer das Fremdspracheninstitut. Der zweite Auslaender hat es als Letzter gerade bis hinter die Ziellinie geschafft wo er dann erstmal eine halbe Stunde liegen geblieben ist. Achso, wir hatten ca 25 Grad am Morgen.
Am Nachmittag habe ich mich dann noch fuer die 4x100 Meter Staffel gemeldet. Nach dem morgendlichen Lauf hatte ich ja schon ein wenig Panik davor. Kurzstrecke ist halt nicht Marathon. Was ganz schoen war, ich musste als dritter Laeufer laufen. Mein Startplatz war genau vor der Zuschauertribuene auf der die Studenten des Fremdspracheninstitutes sahsen. Das ist fuer die Studenten Pflichtprogram. An diesem Tag aber nicht fuer die Deutschlerner. Aber meine Studenten sind ja die besten und so haben sie den anderen meinen Namen beigebracht. Als ich also auf meinen Startplatz ging hatte ich meine eigenen Zuschauer. Dann kam Chris aus England auch schon angelaufen, auf der dritten Bahn. Er lag an erster Stelle, die Uebergabe des Stabes funktioniert als ob wir nie was anderes machen wuerden und meine Beine explodieren. In der Innenkurve versucht mich jemand zu ueberholen, aber ich bin schneller, dann ist auch schon die naechste Uebergabe und Mike aus England laeuft wie um sein Leben. Geschaft. In unserer Gruppe sind wir die Schnellsten. Wir koennen es kaum selber glauben. Am Ende sind wir Gesamtdritter. Wieder ein tolles Ergebniss. Bedenkt man das an der Uni durchaus Spitzensport betrieben wird.
Als ich dann am Ende des Tages in die Mensa komme, kommen die beiden alten Maenner die dort immer die Tische sauber machen zu mir und meiner Studentin (die mir den ganzen Tag gedolmetscht hat) und wollen alles ueber mich wissen und gratulieren mir zu meinen Laeufen. Aehnliche Begebenheiten hatte ich an diesem Tag einige. So wird man hier beruehmt ;-)
Ab 1. Mai hat ganz China fuer sieben Tage Ferien. Fuer mich also die Gelegenheit mal wieder raus aus Jinan zu kommen. Problem, ganz China hat Urlaub. Und in diesen Ferien fahren die Chinesen nicht nach Hause sondern in den Urlaub. Ich habe dann kurzerhand in dem Hostel in Beijing angefragt wo Nina und ich im Februar schon waren. Antwort, fuer Freunde haben wir immer ein Bett. Also, Sachen gepackt und ab in die ueberfuellte Hauptstadt. Ich kann wirklich niemandem Raten in dieser Zeit nach China zu kommen wenn er nicht alles von einer Reisegesellschaft planen laesst. Da ich ja aber die meisten Dinge schon gesehen hatte konnte ich mich ganz dem Flair dieser Stadt hingeben. Ich bin dann an einem Tag mal in den alten Sommerpalast gegangen. Dort war ich noch nicht und Ruinen ziehen mich ueberall an. Und oh Wunder, wenn man ein wenig links und rechts vom Hauptweg geht kann man wirkliche Ruhe geniessen, auch in diesen Ferien. Die beiden Bilder zeugen davon.

Ganz nebenbei habe ich dann an meinem letzten Abend noch eine neue alte Freundschaft vertieft und einer chinesischen Freundin ein wenig ihre Angst vor dem Leben und dem Leben mit einem Auslaender im besonderen genommen. Freundschaften wie wir sie kennen zu Chinesen sind selten, aber wenn sie zustande kommen ist es echt schoen.
Am Ende bin ich dann gestern mit einem der neuen Zuege in China gefahren. Die Zuege tragen den Kennbuchstaben D und sind auf der Basis des japanischen Schnellzuges gebaut. Allerdings war dann mit 160 km/h das hoeste der Gefuehle erreicht. Sie fahren auf den alten Schienen. Nun braucht man aber nur noch 3,5 Stunden von Jinan nach Beijing und hat ein westliches Klo mit all seinen Vor- aber vor allem auch Nachteilen. Weniger hygienisch. Das was mir aber am besten gefallen hat war das man nun im Wartesaal der ersten Klasse wartet (zumindest in Beijing) und im Zug die Sitze alle in Fahrtrichtung ausgerichtet sind. Das hat zwei grosse Vorteile fuer Auslaender, 1. endlich wirklich Beinfreiheit 2. dadurch das es keinen Tisch mehr zwischen zwei gegenueberliegenden Reihen gibt koennen die Chinesen auch nicht mehr ihr ganzes Picknik auspacken und dadurch ist es viiiiiel sauberer und angenehmer im Zug. Wie gesagt, Vorteil fuer die Auslaender. Achso, wer nicht Picknickt ist auch leiser. Man kann also wirklich schlafen, auch am Tag ;-)
Es gibt allerdings auch einen kleinen Nachteil. Der Zug ist ja nur auf der Basis des japanischen Bruders. Nicht der Japaner selbst. Und ueber die Qualitaet von Kopien muss ich hier ja nichts schreiben. Die Sitzflaechen sollten statt verstellbar lieber fest sein, dann haette man sie nicht staendig in der Hand wenn man versucht sie zu verstellen. Aber das nur am Rande.

So weit erstmal von hier.